Städte im Einsatz für einen ganzheitlichen Gesundheitsbegriff – Treffen des URBACT-Netzwerks „One Health 4 Cities“

Edited on 20/06/2025

OneHealth4Cities visits EP

Die Vertreter:innen der teilnehmenden Städte besuchen das Europäische Parlament für zwei Podiumsdiskussionen am letzten Tag des Netzwerktreffens. © Clementine Fuchs

Im Mai 2025 traf sich das One-Health-4-Cities-Netzwerk in Straßburg, Frankreich. Wir begleiteten die Landeshauptstadt München beim Netzwerktreffen mit acht weiteren europäischen Kommunen. Beim vorletzten gemeinsamen Treffen des Aktionsplanungsnetzwerks ging es insbesondere um mögliche Ansätze zur Verstetigung konkreter Strategien und Maßnahmen sowie zukünftige Finanzierungsmöglichkeiten. Daneben konnten wir die praktische Umsetzung des „One-Health-Ansatzes“ in Straßburg hautnah erleben. 

Das Netzwerk im Überblick:

Seit Juni 2023 arbeiten neun europäische Städte im URBACT-Netzwerk „One Health 4 Cities“ gemeinsam daran, den ganzheitlichen One-Health-Ansatz in ihren Kommunen zu verankern und praktisch umzusetzen. One Health betrachtet die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt als untrennbar miteinander verbunden und fördert sektorübergreifende Zusammenarbeit über mehrere politischen Ebenen hinweg. Neben München sind Lyon und Straßburg (Frankreich), Suceava (Rumänien), Kuopio und Lahti (Finnland), Loulé (Portugal), Benissa (Spanien) und Elefsina (Griechenland) Teil des Netzwerks.

Lernen von Straßburg: One-Health als Teil der Stadtpolitik 

Am ersten Tag ging es darum, wie sich die URBACT-Lokalgruppen (ULG) aktiv in diesen Prozess einbinden lassen – insbesondere mit Blick auf die Kommunikation und Anwendung des eher akademisch geprägten Konzepts von One-Health. Außerdem gaben Vertreter:innen des EU-Förderprogramms Horizon Europe Impulse für weitere Finanzierungsmöglichkeiten, um auch nach dem Ablauf des URBACT-Netzwerks eine Verstetigung sicherzustellen. Am zweiten Tag stand eine Führung durch das Ökoquartier „Danube“ auf dem Programm. Dort wurde anschaulich, wie der One-Health-Ansatz bereits konkret in Straßburg umgesetzt wird. So wird etwa an mehreren Standorten im Viertel die Boden- und Luftqualität regelmäßig gemessen – ein wichtiger Schritt angesichts der nach wie vor hohen Luftbelastung, insbesondere entlang der nahegelegenen Avenue du Rhin, die täglich von rund 45.000 Fahrzeugen befahren wird. 

Walking Tour of New-built Neighbourhood
© Clementine Fuchs und deutsche Kontaktstelle URBACT
 
Von Balkonlage bis Begrünung: Strategien für ein gesundes Stadtquartier

Planerische Entscheidungen, etwa zur Ausrichtung von Balkonen in Richtung der Straße, können zu einer erhöhten Lärm- und Feinstaubbelastung der Anwohnenden führen. Daher ist es essenziell, dass Stadtplaner:innen für die Prinzipien von One Health sensibilisiert werden – und sich dafür einsetzen, über die gesetzlichen Mindeststandards hinauszugehen. Ein gelungenes Beispiel dafür bietet die Schule „Solange-Fernex“ im gleichen Viertel: Durch gezielte bauliche Anpassungen wie räumliche Restrukturierung und verbesserte Isolierung konnte die Exposition gegenüber Lärm und Abgasen deutlich verringert werden. Auch Begrünungsmaßnahmen spielen im Ökoquartier eine zentrale Rolle. Naturnahe Grünflächen tragen zur Minderung des städtischen Hitzeinseleffekts bei, fördern die Gesundheit der Menschen und schaffen zugleich Lebensraum für Insekten und andere Arten. Um dem wachsenden Risiko von Zoonosen durch invasive Arten – wie etwa der Tigermücke – entgegenzuwirken, hat die Eurométropole Strasbourg zusätzlich ein Aufklärungsprogramm für Bürger:innen ins Leben gerufen.

Lernen, Vernetzen, Gestalten: Umweltbildung und politische Impulse im Fokus

Neben der Erkundung der „Danube“-Nachbarschaft haben wir das „Centre d'Initiation à la Nature et à l'Environnement“ (CINE) besucht. Das Zentrum widmet sich der Umweltbildung für alle Einwohnenden der Eurometropole. Dank seiner pädagogischen Angebote können Kinder und Jugendlichen dort einen sicheren Umgang mit der Natur kennenlernen. Das Netzwerktreffen endete an einem symbolträchtigen Ort: dem Europäischen Parlament. In zwei Podiumsrunden wurden lokale Ansätze und zentrale Fragen zum gesunden Zusammenleben von Mensch und Natur diskutiert. Der Austausch setzte ein starkes Zeichen für die Relevanz transnationaler Zusammenarbeit.

One-Health-Strategie in Straßburg schafft institutionellen Rahmen

Insgesamt hat Straßburg bereits beachtliche Fortschritte bei der Umsetzung des One-Health-Ansatzes gemacht. Mit der Verabschiedung einer eigenen One-Health-Strategie im Februar 2025 wurde ein wichtiger institutioneller Rahmen geschaffen, der neue Wege im Umgang mit systemischen Herausforderungen eröffnet. Die Strategie reicht von der Verbesserung der Luftqualität über die Reduzierung chemischer und akustischer Belastungen bis hin zur Verankerung gesundheitsfördernder Prinzipien in der Stadtplanung.

Besuch des Zentrums CINE welches Bildung für nachhaltige Entwicklung betreibt
© Deutsche Kontaktstelle URBACT
 
Zurück nach München: Was nehmen wir mit?

Im Gespräch mit Antje Kohlrusch, die das Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt München im URBACT-Netzwerk „One Health 4 Cities“ vertritt, wird deutlich, welche Vorteile die Teilnahme an einem europäischen Austauschformat wie URBACT mit sich bringt. Sie betont, dass der europäische Kontext besonders bereichernd sei – nicht zuletzt, weil der One-Health-Ansatz in Deutschland bislang nur in wenigen Kommunen verankert ist, während etwa finnische Städte bereits seit über zehn Jahren damit arbeiten. Im Rahmen des Netzwerks bildete München gemeinsam mit Lyon und Lahti ein thematisches Cluster, das sich auf die Weiterentwicklung städtischer Strategien unter aktiver Bürger:innenbeteiligung konzentriert. Auf dieser strategischen Ebene profitiert München gezielt von den langjährigen Erfahrungen seiner Partnerstädte und konnte wertvolle Impulse aufnehmen – etwa für die Weiterentwicklung der Münchner Gesundheitsleitlinie.

Mit URBACT die Zivilgesellschaft vor Ort aktivieren und integriert arbeiten

Besonders hilfreich waren aus Münchner Sicht auch die URBACT-Methoden zur Aktivierung der Zivilgesellschaft, etwa durch den Aufbau der lokalen Unterstützungsgruppe (URBACT Local Group, ULG). Gerade bei einem umfassenden Ansatz wie One-Health ist die Einbindung von Bürger:innen sowie die sektorübergreifende Zusammenarbeit mit Wissenschaft, Stiftungen und Verwaltung unerlässlich. So wurde München beim Netzwerktreffen vom ULG-Mitglied Green City e. V. begleitet, welcher die Stadt dabei unterstützt den One-Health-Gedanken in die Stadtgesellschaft zu tragen. Mit Blick auf die Verstetigung nach Ende der URBACT-Förderphase arbeitet das Gesundheitsreferat eng mit weiteren Fachreferaten zusammen, um ein ganzheitliches Gesundheitsverständnis dauerhaft in der kommunalen Verwaltung zu etablieren – auch über Legislaturperioden hinweg.

München profitiert also nicht nur fachlich, sondern auch politisch und organisatorisch vom europäischen Austausch. Besonders wertvoll sei, so Kohlrusch, der persönliche Austausch vor Ort. Das Engagement der Projektpartner, die vorgestellten Initiativen und die in Straßburg eröffneten Perspektiven machen deutlich: One Health ist weit mehr als ein Konzept – es ist ein Ansatz, die Stadt neu zu denken, im Sinne aller Lebewesen, die in ihr leben.


Ausblick: One Health weiterdenken – Save the Date für Brüssel!

Sie möchten mehr über den One-Health-Ansatz erfahren? Auf LinkedIn und über die URBACT-Website finden Sie aktuelle Informationen zum Netzwerk „One Health 4 Cities“. Außerdem finden Sie hier mehr Informationen zur Beteiligung der Stadt München.

Ein besonderes Highlight steht bereits fest: Am 10. Dezember 2025 lädt das Netzwerk zu einer öffentlichen Advocacy-Konferenz in Brüssel ein. Dort werden zentrale Erkenntnisse, bewährte Methoden und politische Empfehlungen vorgestellt – mit dem Ziel, One Health als integrierten Ansatz auch stärker auf europäischer Ebene zu verankern.

Save the Date!
📍 One Health 4 Cities Conference
🗓️ 10. Dezember 2025, Brüssel
✉️ Kontakt: marlene.dussage@mairie-lyon.fr


Save the Date for One Health for Cities Conference

Submitted by on 17/06/2025
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Max Anton Dörr

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