URBACT National Campus in Leipzig
Wo stehen die aktuellen URBACT-Städte der Aktionaplanungsnetzwerke mit ihren Integrierten Handlungskonzepten (Integrated Action Plan, IAP)? Wie können sie ihre Maßnahmen weiter ausdefinieren und verfeinern? Und schließlich: Wie können sie den Integrated Action Plan umsetzen, finanzieren und dabei alle relevanten Akteure einbeziehen? Mit diesen Fragen beschäftigten wir uns beim Nationalen URBACT Campus vom 14. bis zum 15. November 2024 in Leipzig.
URBACT richtet in allen Mitgliedstaaten im Herbst 2024 National-Campus-Veranstaltungen für die Städte aus, die an den derzeit laufenden URBACT-Aktionsplanungsnetzwerken teilnehmen. Ziel der National-Campus-Veranstaltungen ist es, die Netzwerkstädte beim Erstellen und Umsetzen ihres Integrated Action Plans zu unterstützen. In diesen werden konkrete Maßnahmen auf Basis der jeweiligen städtischen Herausforderung formuliert. Die Veranstaltung in Deutschland wurde organisiert und durchgeführt durch die Nationale URBACT-Kontaktstelle (Heike Mages & Lilian Krischer)sowie die beiden URBACT-Expert:innen Nils Scheffler von URBAN EXPERT und Katharina Lampe. Eingeladen waren alle sechs deutschen Aktionsplanungspartner aus den Städten Leipzig (Gastgeberstadt), Löbau, Mannheim, München (Beteiligung an zwei Netzwerken), sowie von der Neuen Effizienz (Solingen).
Integrated Action Plan: Maßnahmen präzisieren und Stakeholder-Beteiligung sichern
Am ersten Tag führten die beiden URBACT-Expert:innen Nils Scheffler und Katharina Lampe durch den sogenannten „Action-Planning-Cycle“ und gaben konkrete Methoden und Instrumente zur Ausarbeitung und Umsetzung der Aktionspläne an die Hand. Der Veranstaltungsort, das Smart City Lab, ein Co-Working- und Veranstaltungsraum in der Leipziger Innenstadt, bot einen passenden Rahmen für den Campus. Unter der Moderation der URBACT-Expert:innen erhielten die Vertreter:innen der URBACT-Städte Einblicke in Methoden zur Präzisierung ihrer Maßnahmen. Mithilfe von Tabellen und Diagrammen als unterstützende Werkzeuge konnten die Teilnehmenden ihre bisher geplanten Maßnahmen analysieren, priorisieren und gezielt darauf achten, welche Aspekte in den Beschreibungen besonders relevant sind, um eine erfolgreiche Umsetzung sicherzustellen. Im Gespräch mit allen Netzwerkstädten konnte außerdem ermittelt werden, welche Stakeholder für die jeweilige lokale Unterstützungsgruppe (URBACT-Local-Group, ULG) besonders relevant sind und wie man ihr Engagement weiterhin aufrechterhält.
ARCHETHICS Leipzig: den Matthäikirchhof wieder auf die Karte holen
Am Nachmittag führten Christoph Hümmeler und Stefan Seiler vom Stadtplanungsamt Leipzig über den Matthäikirchhof in der Leipziger Innenstadt. Dieser Ort ist durch seine vielseitige Geschichte geprägt, in der vor allem die DDR-Zeit eine große Rolle spielte. Im Jahr 1985 entstand dort eine Zentrale des Ministeriums für Staatsicherheit. Nach der Wende war das Areal lange von Leerständen geprägt, bis dort das Arbeitsamt und das Leipziger Stasi-Unterlagen-Archiv einzogen. Allgemein sei jedoch das Bewusstsein der Leipziger Bewohner:innen für diesen Ort und seine Geschichte stetig gesunken, so Hümmeler.
Das Areal auf dem Matthäikirchhof soll als neuer Dritter Ort wieder in das städtische Zentrum Leipzigs integriert werden. Im Fokus des städtebaulichen Siegerentwurfs von Riehle Koeth GmbH+Co steht die Vision eines „Forums für Freiheit und Bürgerrechte/Demokratiecampus“, das als lebendiger Ort für Erinnerungskultur, Bildung und demokratischen Dialog fungieren soll. Die inhaltliche Gestaltung des Forums wird von der Stadt Leipzig in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen lokalen Partner:innen entwickelt. Zu den bereits ansässigen Institutionen gehören das Stasi-Unterlagen-Archiv Leipzig, das Schulmuseum – Werkstatt für Schulgeschichte Leipzig sowie das Bürgerkomitee Leipzig e. V., das das Museum in der „Runden Ecke“ betreibt. Weitere wichtige Akteure sind das Archiv Bürgerbewegung e. V., die Stiftung Friedliche Revolution und das Offene feministische Demokratiearchiv. Zudem wird das Projekt durch die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) und die Universität Leipzig unterstützt.
Neben der Zusammenarbeit in diesem breiten innerstädtischen Netzwerk planen Stefan Seiler und Christoph Hümmeler vom Stadtplanungsamt Leipzig eine Reihe an partizipativen Veranstaltungen und Aktionen auf dem Matthäikirchhof, um ihn, so Stefan Seiler; „wieder zurück auf die Karte zu bringen.“ Dafür wollen sie insbesondere die URBACT Local Group des Netzwerks ARCHETHICS nutzen, bei dem sie Partnerstadt sind.
Exkursion zum Matthäikirchhof in Leipzig.
Das URBACT-Netzwerk ARCHETHICS vereint neun europäische Städte, die ein gemeinsames Erbe mit einer komplexen und kontroversen Vergangenheit teilen, etwa durch totalitäre Regime oder umstrittene Grenzen. Im Mittelpunkt des Projekts stehen die vier Dimensionen Architektur, Menschen, Geschichte und Ethik. Ziel ist es, ehemals verlassene Räume in lebendige Orte für Einheimische und Besucher:innen zu verwandeln. Durch gemeinschaftliche Stadtlabore soll ein Austausch von Wissen gefördert werden, um ein multiperspektivisches Verständnis der Vergangenheit zu entwickeln und neue Visionen für die Zukunft zu gestalten.
Meet the funders: Möglichkeiten zur Anschlussförderung des IAP
Am zweiten Tag des URBACT National Campus organisierten Heike Mages und Lilian Krischer von der Nationalen URBACT-Kontaktstelle mit Unterstützung von Merle Dreessen eine „Meet-the-Funders“-Session. Ziel war es, den Städtevertreter:innen einen guten Überblick über die deutsche Fördermittellandschaft im Bereich der integrierten Stadtentwicklung zu verschaffen. Dies solle den URBACT-Städten dabei helfen, eine Förderung für die Umsetzung der Maßnahmen ihres integrierten Handlungskonzepts zu finden. Denn die Unterstützung im Rahmen von URBACT deckt nur die Konzepterstellung ab
Nach dem „World-Café“-Prinzip konnten sich die Teilnehmenden an Thementischen zu unterschiedlichen Fördermöglichkeiten informieren und ihre Fragen in kleiner Gesprächsrunde stellen. Vorgestellt wurden die Deutsche Bundesstiftung Umwelt von Martin Schulte, die Agentur für kommunalen Klimaschutz von Phillip Reiß vom Deutschen Institut für Urbanistik (difu) und die Städtebauförderung von Stefan Krapp vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Zudem berichtete Jessica Theuner vom Sächsischen Staatsministerium für Regionalentwicklung über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie Martin Neubert von der Westsächsischen Gesellschaft für Stadterneuerung mbH Chemnitz über seine Erfahrung mit der Anschlussförderung des URBACT-Projekts „ALT/BAU“.
Spielerisch lernen, nachhaltig handeln: Klimapuzzle und Ausblick auf 2025
Zum Abschluss des Workshops war das Klimawissen der Teilnehmenden gefragt. Beim international bekannten Klimapuzzle „Climate Fresk“ wurde in Teams spielerisch versucht, die komplexen Zusammenhänge und Folgen des Klimawandels zu verstehen und darzustellen. Klimabildungsexperte Dr. François Dumont führte die Teams anhand von Spielkarten mit Informationen zu den Gründen und Folgen des Klimawandels durch den drei-stündigen Workshop. Am Ende sammelten die Gruppen ihre Ideen und konkreten Aktionen, die sie für mehr Nachhaltigkeit umsetzen können. So konnten sich die Teilnehmenden mit einer zuversichtlichen Handlungsbereitschaft wieder auf den Weg in ihre Städte machen. Das Wiedersehen auf dem URBACT City Festival in Wroclaw (Breslau) ist bei vielen bereits fest eingeplant. Vor Ort können die Städte dort die ausgewählten Good-Practice-Städte kennenlernen, die für den Call für Transfernetzwerke ab April 2025 Leadpartner werden. In diesen Netzwerken können die teilnehmenden Städte den guten Ansatz der Leadpartner-Stadt auf ihren Kontext übertragen. Melden Sie sich hier an, um im April 2025 auch dabei zu sein.
Klimapuzzle "Climate Fresk" mit den URBACT National Campus Teilnehmenden