Mit URBACT & EUI klimaneutrale und klimaangepasste Städte gemeinsam gestalten

Edited on 30/09/2024

bicycle street in Spinelli in Mannheim

Fahrradstraße im Spinelli-Quartier in Mannheim © Deutsche URBACT-Kontaktstelle

Wie profitieren Kommunen von der europäischen Zusammenarbeit im Klimaschutz- und bei der Klimaanpassung? Wie können globale Nachhaltigkeitsziele auf lokaler Ebene umgesetzt werden? Das diskutierten wir bei der Arena „Klimaneutrale und klimaangepasste Städte gemeinsam gestalten“. Die Veranstaltung fand am 18. September 2024 in Heidelberg statt und wurde von der Deutschen Kontaktstelle für URBACT und der European Urban Initiative (EUI) im Rahmen des Bundeskongresses Nationale Stadtentwicklungspolitik organisiert. 

Klimaziele: Verknüpfung von Bundespolitik und internationalen Vorgaben 

Dr. Jörg Wagner vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen betonte in seiner Begrüßung, wie europäische Leitlinien mit der Bundespolitik verzahnt sind, um die Klimaziele zu erreichen. Dies wird am Beispiel der Novelle des Baugesetzbuches (BauGB) deutlich, bei der die Werte der Neuen Leipzig-Charta – einer gerechten, grünen und produktiven Stadt – als Raster zugrunde gelegt wurden. Aber auch Richtlinien wie das kürzlich beschlossene „Nature Restoration Law“ werde man in die Bundespolitik integrieren.

Europäischer Rahmen und neue Verwaltungsstruktur als Wegbereiter für klimaneutrale und klimaangepasste Städte

Dr. Peter Kurz, ehemaliger Bürgermeister von Mannheim, zeigte in seiner Keynote, wie globale Nachhaltigkeitsziele lokal umgesetzt werden können. Wir erhielten Einblicke, wie europäische und internationale Nachhaltigkeitsziele wie die Sustainable Development Goals (SDGs), der Green Deal und die 100 klimaneutralen und smarten Städte erfolgreich in lokale Strategien integriert und von verschiedenen Teams umgesetzt werden können. „Diese internationale und europäische Orientierung hat gleichzeitig geholfen eine strategische Orientierung zu erreichen.“, erklärt er. Eine Strategie ermögliche erst eine Kooperation. Zudem brauche es einen Mentalitätswandel in der Verwaltung und Mitarbeitende sollten gemeinsam die Stadt als Ökosystem aktiveren: „Als Führungskraft in einer öffentlichen Institution sollte man sich bewusst sein, dass man nicht nur eine Institution führt, sondern eine Bewegung.“ In seinem Beitrag wurde deutlich, dass eine ganzheitliche Strategie, kombiniert mit einer neuen Verwaltungskultur, vielfältigen städtischen Kooperationen, einer echten Multi-Level-Governance und einer starken europäischen Vernetzung entscheidende Erfolgsfaktoren auf dem Weg zu klimaneutralen und klimaresilienten Städten sind. Die europäische Vernetzung diene dabei weniger einem Copy-Paste-Ansatz, sondern vielmehr dazu, das eigene städtische Handeln zu reflektieren und gezielt weiterzuentwickeln.

URBACT treibt in München städtische Ziele bei der Kreislaufwirtschaft voran

Sandra Spöttl, Leitung Europa und Internationales im Referat für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München, erklärte in ihrem Input wie München die Mitarbeit in zwei europäischen Netzwerken des URBACT-Programms („URGE“ und „LET'S GO CIRCULAR!“) nutzt, um die Kreislaufwirtschaft in der bayerischen Landeshauptstadt voranzubringen. Auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne im Münchner Norden entsteht derzeit ein neues Wohnquartier. Dabei sollen 50 Prozent des abgebrochenen Materials vor Ort recycelt und für den Neubau verwendet werden. Als Modellgebiet von „URGE“ zeigte das Pilotprojekt nachhaltige Wirkung in München. Es gelang einen 12-Punkte-Plan zur Etablierung einer Kreislaufwirtschaft im Bausektor zu entwickeln, der zum Projektende vom Stadtrat verabschiedet wurde. Als Lead Partner von „LET'S GO CIRCULAR!“ erarbeitet München eine ganzheitliche Kreislaufwirtschaftsstrategie, die unter anderem auf dem Münchner Zero-Waste-Konzept und dem URGE-Aktionsplan „Zirkuläres Bauen“ aufbaut. Dafür analysiert München derzeit umfassend die technologischen Grundlagen und diskutiert mit lokalen Stakeholdern, wie das zirkuläre Prinzip auch in Bereichen wie Textilien und Elektronik zur Anwendung kommen kann. URBACT ermöglichte München, das städtische Ziel der Förderung der Kreislaufwirtschaft gezielt voranzubringen: „Die Rolle als Lead-Partner im Projekt ‚LET'S GO CIRCULAR!’ war für uns äußerst vorteilhaft, da wir das Projekt passgenau auf die spezifischen Bedürfnisse unserer Stadt zuschneiden konnten.", erläuterte Sandra Spöttl.

Mit der EUI in Mechelen durch innovatives Design Zugang zum Wasser für alle schaffen

Im belgischen Mechelen sind viele Wasserflächen von Tourismus, Handel oder von privater Wohnbebauung geprägt. Das erschwert der Stadtgesellschaft den Zugang zum Fluss – und das in einer Stadt, die dringend mehr öffentliche Räume braucht. Hier setzt das Projekt „WATSUPS“ an, von dem Mark Van der Veken, Grant Advisor Strategy and Development Department der Stadt Mechelen, berichtete. Es wird durch das Programm „Innovative Actions“ der European Urban Initiative gefördert. Schwerpunktthema des EUI-Calls für „WATSUPS“ war das „Neue Europäische Bauhaus“, sodass die Themen Inklusion, Nachhaltigkeit und Schönheit eine besondere Rolle im Projekt spielen. „WATSUPS“ zielt darauf ab, das Flussufer der Dyle als blaugrünen Korridor zu entwickeln. Ziel war es inklusive, schöne Räume entlang des Flusses zu entwickeln, die auch nicht-humane Perspektiven, also zum Beispiel von Pflanzen oder Tieren berücksichtigen. Um die Inklusivität zu gewährleisten, wurde ein Bürgerrat mit einer diversen Beteiligungsstruktur eingeführt. „Wir experimentieren im Bürgerrat mit der ‚Voice of Nature‘, das heißt, wir beziehen auch die Natur ein. So wurde der Bürgerrat im Grunde zu einem ‚Bewohnerrat‘.“, führte Mark van der Veken aus. Durch Kunst am Flussufer, eine biologische Ufergestaltung und ein urbanes Freibad verbindet das Projekt künftig die Menschen miteinander, mit dem Wasser und mit der Natur. So soll ein Raum geschaffen werden, der ökologisch, sozial und kulturell wertvoll ist. 

URBACT & EUI: Europäischer Austausch als Erfolgsfaktor für kommunalen Klimaschutz

Margit Tünnemann vom europäischen URBACT-Programm und Jonas Scholze von der European Urban Initiative verdeutlichten ausgehend von den guten Praxisbeispielen, wie entscheidend der Austausch und die Vernetzung von Städten auf EU-Ebene für den Erfolg kommunaler Klimaschutzstrategien sind. „Erfolgreiche Städte, wie beispielsweise Mannheim und München, nutzen europäische Projekte für sich auf strategischer Ebene.“, betont Margit Tünnemann. Jonas Scholze hob die wichtige Rolle die Urbane Agenda für die EU hervor, deren aktuelle Thematische Partnerschaften sich mit dem Thema „Wassersensible Städte“ und „Klimaanpassung im Gebäudebereich“ beschäftigen. Er erklärte: „In einer Thematischen Partnerschaft der Urbanen Agenda für die EU haben Sie die Möglichkeit aktiv an der Politikgestaltung mitzuwirken und gemeinsam mit Kommunen, Bundesländern, dem Bund und der Europäischen Kommission an einem Tisch zu sitzen“. Beide hoben außerdem hervor, wie wertvoll es sei, von den Best Practices anderer Städte zu lernen und den eigenen Projekten vor Ort durch das „EU-Label“ mehr Sichtbarkeit zu verleihen.

 

Exkursion in Richtung Nachhaltigkeit: Das Spinelli-Quartier in Mannheim

Ganz praktisch konnten wir in einer Exkursion das Spinelli-Quartier in Mannheim kennenlernen, das zeigt, wie die Umsetzung der Ambitionen zu mehr Nachhaltigkeit in der Praxis aussieht. Das Modellquartier wurde auf einem ehemaligen Kasernengelände der US-Army entwickelt. Zentral ist die weitläufige Parkfläche, die im Rahmen der Bundesgartenschau 2023 entstanden ist. Der neue Grünzug sorgt als gesamtstädtischer Frischluftkorridor für ein besseres Stadtklima. Nachhaltigkeit wurde in der Entwicklung dieser neuen Nachbarschaft von vornherein ganzheitlich mitgedacht: angefangen von der städtebaulichen Gesamtkonzeption bis zur Architektur der vielfältigen Bauprojekte, bei der Gestaltung der Freiräume nach Schwammstadtprinzipien oder neuen Mobilitätsangeboten für ein möglichst autoarmes Quartier. Das FreiRaumLab im Spinelli-Quartier, gefördert durch die Nationale Stadtentwicklungspolitik, erprobt neue Kooperationsformen und fördert das Miteinander von Ansässigen und Neubewohnerinnen und -bewohnern. 

 

Ein starkes Europa braucht starke Städte

Bei der Veranstaltung wurde klar, dass Europäische Projekte und Netzwerke, wie bei URBACT und der European Urban Initiative, politische Türöffner und Beschleuniger sind. Sie helfen Städten und Gemeinden, ihre Stadtentwicklungsaufgaben zu meistern und die Herausforderungen des Klimawandels besser zu bewältigen. Sie fördern dauerhafte kommunale Strukturen, beschleunigen Verfahren und schaffen Akzeptanz bei Verwaltung und Bürgerschaft. Projekte der European Urban Initiative und URBACT geben Anstöße für neue Ideen und Entwicklungen, die abteilungsübergreifend auf die ganze Stadt positiv ausstrahlen.

 

Fotos:

1. Dr. Peter Kurz, ehemaliger Bürgermeister von Mannheim bei seiner Keynote zu globalen Nachhaltigkeitszielen auf der lokalen Ebene. © Deutsche URBACT-Kontaktstelle

2. Sandra Spöttl, Leitung Europa und Internationales im Referat für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München, stellt die Wirkungen der URBACT-Netzwerken 'URGE' und 'LET'S GO CIRCULAR! vor. © Deutsche URBACT-Kontaktstelle

3. Margit Tünnemann, Senior Policy Officer „Strategische Programmentwicklung“ bei URBACT verdeutlicht den Mehrwert der europäischen Zusammenarbeit. © René Peter Hohmann, Deutsche EUI-Kontaktstelle

4.  Judith Geiser, Leitung Local Green Deal der Stadt Mannheim erklärt die Aktivitäten im Bereich Klimaschutz und Klimaanpassung der Stadt Mannheim. © Deutsche URBACT-Kontaktstelle

5. Exkursion ins nachhaltige Spinelli-Quartier in Mannheim. © Deutsche URBACT-Kontaktstelle

 

 

 

 

 

 

Submitted by Lilian Krischer on 30/09/2024
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Lilian Krischer

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