Städte im Mittelpunkt der Energiewende

Edited on 31/03/2025

Die Initiative "La CEL de Caldes". Quelle: Caldes de Montbui

Dreharbeiten zur Initiative "La Cel de Caldes" auf einer Photovoltaikanlage

Weltweit setzen Entscheidungsträger:innen auf Städte, um die Energiewende zu unterstützen. Entdecken Sie fünf bewährte URBACT Good Practices, die europäischen Städten helfen, Klimaziele zu erreichen und einen gerechten Zugang zu Energie sicherzustellen.

Im Jahr 2024 wurden europäische Städte und Regionen eingeladen ihre Lösungen für eine nachhaltige integrierte Stadtentwicklung im Rahmen eines offenen Calls einzureichen. Alle Bewerbungen wurden auf Grundlage ihrer lokalen Auswirkungen, partizipativen und integrierten Ansätze sowie des Potenzials zur Übertragung auf andere europäische Städte bewertet.

Dieser Artikel befasst sich mit fünf der 116 neu ausgewählten URBACT Good Practices. Diese städtischen Initiativen bieten wertvolle Einblicke in praktische und übertragbare Lösungen für Klimaschutz und fairen Energiezugang. Erfahren Sie, wie Städte, Behörden und Gemeinschaften in Europa zusammenarbeiten, um Energie effizienter zu nutzen, Emissionen zu senken und Energiearmut zu bekämpfen.

 
Initiativen rund um Energiegemeinschaften 

 

Energiegemeinschaften haben großes Potenzial, um sichere, bezahlbare und umweltfreundliche Energiesysteme in Europa zu fördern. Werfen wir einen Blick darauf, wie zwei Städte lokale Gemeinschaften unterstützen, um Energie effizienter zu nutzen, Kosten zu senken, Energiearmut zu reduzieren und neue Jobs in grünen Branchen zu schaffen.

 

#1 – Caldes de Montbui (Spanien)

 

La CEL de Caldes hat 18 Photovoltaikanlagen errichtet, die von 300 Familien im Großraum Barcelona gemeinsam genutzt werden. Diese Initiative ermöglicht es Bürger:innen, erneuerbare Energie zu erzeugen, zu verwalten und zu verbrauchen und darüber hinaus kollektives „Eigentum“ an der Photovoltaik-Infrastruktur zu erwerben. Durch die Nutzung von Solarenergie und die Förderung des Eigenverbrauchs gibt das Projekt den Bewohnern die Möglichkeit, sich selbst zu versorgen und gleichzeitig die Abhängigkeit von externen Energieversorgern zu verringern.

Der gemeinschaftsbasierte Ansatz verbessert nicht nur den Zugang zu Energie und stärkt die Energieautonomie, sondern fördert auch die lokale Wirtschaft und bekämpft Energiearmut. La CEL de Caldes ist Teil des lokalen Klimaaktionsplans. Das seit 2020 aktive Klima-Aktionsbüro ist von grundlegender Bedeutung für die Sensibilisierung zur Energieeffizienz. Es wurde auch zum Katalysator für private Anlagen, deren Anzahl und Leistung exponentiell gestiegen ist: Inzwischen werden 12 % des gesamten Strombedarfs der Stadt lokal und nachhaltig erzeugt.

 

#2 – Hrastnik (Slowenien)

 

Die Solar School Energy Community ist Sloweniens erste gemeinschaftlich entwickelte Solarstrom-Initiative für den Eigenverbrauch und versorgt 16 Haushalte, drei öffentliche Gebäude und zwei Unternehmen. Das Projekt umfasst die Installation von Solarzellen auf Schulgebäuden. So können Schüler:innen, Lehrer:innen und lokale Akteure direkt von der Erzeugung erneuerbarer Energie profitieren. Die Bewohner:innen tragen aktiv zur Erzeugung erneuerbarer Energie bei - sie sind nicht mehr bloße Energie-„Verbraucher“, sondern „Prosumenten“.

Diese Initiative hat ein neues Modell der öffentlich-gemeinschaftlichen Partnerschaft eingeführt, an dem ein lokaler Verein, die Gemeinde aber auch die lokale Bevölkerung beteiligt sind.  Eine Genossenschaft übernimmt dabei den Betrieb einer gemeinschaftlichen Photovoltaikanlage zur Eigenversorgung und sorgt dafür, dass die finanziellen und ökologischen Vorteile der Solarenergie in der Gemeinschaft bleiben. Heute trägt eine 300-kW-Solaranlage zur Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bei und inspiriert andere Städte, lokale Energiesicherheit zu stärken.

 

Welche Erkenntnisse kann Ihre Stadt daraus ziehen?

 

La CEL de Caldes zeigt, wie eine Energiegemeinschaft verschiedene Modelle anbieten kann, um unterschiedliche Zielgruppen sowie sozioökonomische Gruppen einzubeziehen und vielfältige Energielösungen auf lokaler Ebene zu ermöglichen. Die Energiegenossenschaft Green Hrastnik dient hingegen als wegweisendes Modell für die demokratische Verwaltung gemeinschaftlicher Ressourcen wie Energie, um sicherzustellen, dass niemand ausgeschlossen wird.

Städte können diese Ansätze übernehmen, indem sie Partnerschaften zwischen Kommunalverwaltungen, Genossenschaften und Bildungseinrichtungen fördern. So lässt sich ein breites Engagement für erneuerbare Energielösungen auf kommunaler Ebene sicherstellen.


 
Pionierarbeit bei der Energieeffizienz im öffentlichen Sektor

 

40 % des Energieverbrauchs in der EU und 36 % der Treibhausgasemissionen entfallen auf Gebäude, doch 75 % des Gebäudebestands sind nach wie vor energieineffizient. Die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden ist eine wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltige, gerechte und widerstandsfähige Zukunft der europäischen Städte. Bukarest (Romänien) und Karlovac (Kroatien) haben jeweils einen integrierten Ansatz gewählt zur Förderung des Beschäftigungswachstums, zur Verbesserung der Qualität von Bildung und Lehrplänen und zur Förderung des gesellschaftlichen Engagements.

 

#3 – Bukarest (Rumänien)

 

Die Umwandlung einer Schule in Bukarest in ein Netto-Nullenergiegebäude ist ein Beispiel dafür, wie eine Stadt Energielösungen herbeiführen kann. Eine Schule im Distrikt 6 wurde mit fortschrittlichen Energieeffizienzmaßnahmen nachgerüstet, einschließlich verbesserter Isolierung, energieeffizienter Heizsysteme und Solaranlagen.

Die Initiative umfasst auch ein Bildungsprogramm für alle Schüler:innen, das interaktive Schulungen, die Vermittlung der Bedeutung einer effizienten Ressourcennutzung und die Einbeziehung digitaler Technologien in die Lehrpläne vorsieht. Das Projekt reduziert den Energieverbrauch und die CO₂-Emissionen durch einen integrierten Stadtentwicklungsansatz erheblich. Da die umgestalteten öffentlichen Gebäude auch in lokale Energiegemeinschaften integriert sind, können die umliegenden Stadtteile ihre Kohlenstoffemissionen reduzieren und zu Plus-Energie-Quartieren („Positive Energy Districts“) werden.

Im November 2024 fand in Bukarest ein EU City Lab statt, das von URBACT und der European Urban Initiative (EUI) organisiert wurde. Die Veranstaltung, an der Personen aus 11 EU-Mitgliedstaaten teilnahmen, beleuchtete den Kontext der Energiefinanzierung in Europa und stellte die verfügbaren Finanzierungsrahmen, Quellen und Instrumente vor.

 

#4 – Karlovac (Kroatien)

 

SolariKA umfasst die Installation von Solarkraftwerken in Bildungseinrichtungen im Rahmen von 14 Pilotprojekten. Das Projekt ist einer der Meilensteine des kürzlich verabschiedeten Aktionsplans für nachhaltige Energie und Klima (SECAP) für die Stadt, in dem Ziele zur Senkung des Energieverbrauchs und der CO₂-Emissionen um mehr als 40 % bis 2030 festgelegt sind.

Diese Initiative ermöglicht energieeffiziente Renovierungen in Mehrfamilienhäusern und öffentlichen Einrichtungen, wodurch die Stromkosten gesenkt und ein Beitrag zu den Klimazielen geleistet wird. Diese Praxis richtet sich vor allem an Immobilienbesitzer, Nutzer:innen von Gebäuden, in denen erneuerbare Energien installiert werden, und an die Stadt, die den Haushalt und die Kosten der Einrichtungen verwaltet.

 

Welche Erkenntnisse kann Ihre Stadt daraus ziehen? 

 

Bukarest und Karlovac zeigen auf, dass die Nachrüstung von Schulen und öffentlichen Gebäuden mit energieeffizienten Technologien und Solarenergie die Energiekosten und Emissionen erheblich senken können. Zu den Erkenntnissen aus den beiden vorgestellten Beispielen gehört, dass Bukarest einen Multi-Stakeholder-Ansatz verfolgt, der Bildungseinrichtungen, Anrainer:innen, Nichtregierungsorganisationen, Lehrer:innen, Student:innen, lokale Beamte, Kommunikationsexpert:innen und Praktiker:innen aus dem Privatsektor einbezieht. Durch die Integration von Solarenergielösungen in die öffentliche Infrastruktur zeigt Karlovac ein skalierbares und kosteneffizientes Modell für Städte, die die Energieeffizienz in kommunalen Gebäuden verbessern wollen. Karlovac hat auch gezeigt, wie politischer Wille und langfristige strategische Planung eine nachhaltige Entwicklung und die Energiewende vorantreiben können. 


 
Inklusive Energiewende

 

Die Einführung von Solarmodulen ist ein Gewinn für saubere Energie und Einsparungen in den Haushalten. Sie kann aber auch unbeabsichtigte Folgen in den Städten haben, wenn die traditionellen Netzbetreiber Kunden verlieren und zum Ausgleich die Preise erhöhen, was wiederum die Schwächsten trifft. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Energiewende integrativ ist und bestehende Ungleichheiten nicht vertieft. In Getafe erforderte die Bekämpfung der Energiearmut einen integrierten Ansatz, der modernste digitale Technologien, sozialpolitische Maßnahmen, Energieeffizienzmaßnahmen und aktives Engagement in der Gemeinde kombiniert.

 

#5 Getafe (Spanien)

 

Die Energy Poverty Intelligence Unit (EPIU) bekämpft Energiearmut durch datengesteuerte politische Lösungen, die maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz nutzen, um das wahre Ausmaß der Energiearmut aufzudecken. Die EPIU bietet maßgeschneiderte Lösungen zur Verbesserung der Energieeffizienz, die von einfachen Maßnahmen bis hin zu komplexen Gebäuderenovierungen reichen und auf die spezifischen Bedürfnisse der verschiedenen Gruppen eingehen.

Die EPIU von Getafe ist ein skalierbares Verfahren, das die Energiearmut durch einen integrierten Ansatz bekämpft, der modernste digitale Technologien, sozialpolitische Maßnahmen, Energieeffizienzmaßnahmen und aktives kommunales Engagement kombiniert.

Städte können ähnliche Strategien anwenden, indem sie Daten digitalisieren, um gefährdete Haushalte zu identifizieren und gezielte Maßnahmen durchzuführen, die den Energiezugang verbessern und die Energiearmut derjenigen bekämpfen, die es am meisten brauchen.

 

Welche Erkenntnisse kann Ihre Stadt daraus ziehen? 
 

Durch die Kombination von technologischer Innovation mit aktiver Gemeindebeteiligung und -begleitung stellt Getafe sicher, dass gefährdete Bevölkerungsgruppen Unterstützung bei der Senkung ihrer Energierechnungen und der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen erhalten. Die Initiative umfasst auch eine sektorübergreifende Zusammenarbeit, an der ein ministerielles Institut, die Region, eine Bank, zwei lokale Nichtregierungsorganisationen und ein Privatunternehmen als Berater beteiligt sind.


 
Entdecken Sie mehr in der URBACT Good Practice Datenbank

 

Die oben genannten Good Practices zeigen, dass Städte eine entscheidende Rolle bei der Energiewende spielen. Ob durch kommunale Initiativen, die Sanierung öffentlicher Gebäude oder integrative und datengestützte Strategien zur Bekämpfung der Energiearmut - diese Lösungen bieten praktische Modelle für städtische Führungskräfte.

Besuchen Sie die URBACT Good Practice Datenbank für weitere bewährte Ansätze und erfahren Sie, wie andere Städte erfolgreich Strategien und Lösungen in einer Vielzahl von Bereichen umsetzen: von Energieeffizienz bis hin zu Mobilität, Engagement von Jugendlichen, Klimaschutz und mehr. Beachten Sie, dass alle URBACT Good Practices auf der Grundlage einer Expertenbewertung der einzelnen Ansätze ausgewählt wurden: ihre lokalen Auswirkungen, der Grad der relevanten partizipativen und integrierten Ansätze sowie ihre potenzielle Übertragbarkeit auf andere europäische Städte. 

Die Menschen, die hinter den 116 für 2024 ausgewählten Good Practices stehen, werden beim URBACT City Festival in Wrocław (PL) vom 8. bis 10. April 2025 anwesend sein. Die Anmeldung ist bereits abgeschlossen, aber behalten Sie die URBACT-Kanäle im Auge, um aktuelle Informationen über die Veranstaltung und den nächsten Aufruf für Transfer-Netzwerke zu erhalten!

 


Der Artikel basiert auf dem durch Martina Bach (Nationale Kontaktstelle Österreich) übersetzten URBACT-Artikel: Five URBACT Good Practices placing cities at the core of the energy transition

 

Submitted by on 31/03/2025
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Martina Bach

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