Finanzierung der Energiewende in Städten: 4 wichtige Erkenntnisse vom letzten EU City Lab

Edited on 13/01/2025

Brainstormin beim URBACT City Lab in Bukarest

Brainstorming beim EU City Lab in Bukarest

Wie sieht die Energiewende in der Praxis aus? Holen Sie sich Anregungen für die Finanzierung der Energiewende in Ihrer Stadt!

Energiearmut ist in ganz Europa ein großes Problem, insbesondere für Städte, die mit steigenden Energiepreisen kämpfen und gleichzeitig einen Beitrag zu den Dekarbonisierungszielen leisten sollen. Die Energiewende bietet einen Weg zur Klimaneutralität und vermeidet gleichzeitig die negativen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Umstellung von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energien. 

Wie sieht die Energiewende in der Praxis auf städtischer Ebene aus? Die Finanzierung ist dabei ein wichtiges Instrument und stand daher im Mittelpunkt des letzen EU City Lab, welches am 20. und 21. November 2024 in Bukarest (RO) stattfand. An der zweitägigen Veranstaltung waren Teilnehmer:innen aus 11 EU-Mitgliedstaaten vertreten, darunter viele Praktiker:innen, die Projekte in ihren Städten verstehen und vorantreiben möchten. 

Lesen Sie weiter, um die wichtigsten Erkenntnisse der Veranstaltung sowie weitere Informationen zu nützlichen Instrumenten für den Wandel Ihrer Stadt zu erhalten, darunter ein neues Tool, das von URBACT entwickelt wurde. 

 

4 Kernaussagen 

 

1 - Der Stand der Energiefinanzierung in Europa

 

Das EU City Lab in Bukarest bot die Gelegenheit, die Energiefinanzierung in Europa in ihrem politischen Kontext zu betrachten, beginnend mit der EU-Ebene. Zwei wichtige Energierichtlinien öffnen schrittweise den Zugang zum Energiemarkt für die Bevölkerung in Europa: Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EU) 2018/2001 ((englisch Renewable Energy Directive, kurz RED - Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, 2018) und die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (EU) 2019/944 (Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union 2019). Darüber hinaus gibt es immer mehr Möglichkeiten für Stadtverwaltungen eine führende Rolle bei der Unterstützung von gemeinschaftlicher Nutzung dezentraler Energieerzeugungsanlagen zu übernehmen und lokale Energiesparinitiativen über Energiegemeinschaften zu organisieren. Diese Aktivitäten können auch dazu beitragen, die Energiearmut zu bekämpfen, die in Städten häufig stärker verbreitet ist.

Während des EU City Labs wurden die wichtigsten verfügbaren EU-Fonds vorgestellt und Beispiele für erfolgreiche Projekte präsentiert. Zu diesen Fonds gehört der Mechanismus für einen gerechten Übergang (englisch: Just Transition Mechanism), der allein für den Zeitraum 2021-27 mit rund 55 Mrd. EUR dotiert ist. Nicht zu vergessen sind dabei auch die Möglichkeiten im Rahmen der Europäischen Stadtinitiative (EUI). Dabei werden Finanzmittel zur Umsetzung innovativer Projekte bereitgestellt; die jüngste Ausschreibung zur Finanzierung innovativer Projekte zur Energiewende endete im Oktober 2024 ¹. Weitere Finanzierungsrahmen umfassen ELENA und den Finanzierungsmechanismus für erneuerbare Energien. ELENA ist ein gemeinsames Finanzierungsinstrument der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Kommission, welches Unterstützung für Energieeffizienz und Erneuerbare Energien in Gebäuden sowie innovative Lösungen im Stadtverkehr bietet. Diese Instrumente richten sich häufig, aber nicht ausschließlich, an Kohleregionen. Bemerkenswert ist außerdem, dass diese Programme darauf abzielen, die potenziellen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Energiewende, wie zum Beispiel Arbeitslosigkeit, zu bewältigen.

 

2 - So viele Möglichkeiten, aber wo soll man anfangen?

 

Auf den ersten Blick sind Städte ideale Kandidaten für die oben genannten Programme. Dennoch erfordert das enorme Ausmaß der notwendigen Transformationsmaßnahmen, dass zusätzlich zu den bereitgestellten beträchtlichen Mitteln auch andere Finanzierungsquellen genutzt werden. Eine Vielzahl dieser alternativen und ergänzenden Finanzierungsquellen wurde während des EU City Labs identifiziert.

Sylwia Słomiak von Eurocities und Projektkoordinatorin für Prospect+ stellte in ihrer Präsentation Statistiken vor, aus denen hervorging, dass viele Städte daran zweifeln, dass sie genügend Ressourcen für den Zugang zu neuen Finanzierungsquellen haben. Sie erläuterte, wie Städte erfolgreich alternative Wege zur Finanzierung ihrer Projekte nutzen können, darunter:

- Grüne Finanzierung

- Energiespar-Contracting

- Grüne Anleihen

- Garantiefonds

- Revolvierende Fonds

- Intracting (Internes Contracting)

- Finanzierung durch Dritte

- Zinsgünstige Darlehen

- Gemischte oder hybride Finanzierung

Sylwia stellte auch Beispiele für diese neuartigen Mechanismen vor und erläuterte, wie das Projekt Eurocities Prospect+ und seine Tools den Städten helfen können.

Sylwia Słomiak von Eurocities für das Projekt Prospect+. Quelle: URBACT.
Sylwia Słomiak von Eurocities für das Projekt Prospect+. Quelle: URBACT.

 

Bei der Vielzahl potenzieller Finanzierungsquellen, die Städten zur Verfügung stehen, stellt sich eine entscheidende Frage: „Wo fängt man an?“ Alokanda Nath von der Frankfurt School of Finance & Management lieferte eine Antwort, indem sie ein Online-Wissenstool vorstellte, das Städten über das NetZeroCities-Portal zur Verfügung steht. Dieser Finanzierungsleitfaden, welcher mit Aktivitäten im Rahmen der EU Cities Mission verknüpft ist, ist in fünf Hauptthemen gegliedert:

- Gebaute Umwelt

- Grüne Infrastruktur und naturbasierte Lösungen

- Abfall- und Kreislaufwirtschaft

- Verkehr

- Energiesysteme

Das Tool empfiehlt die am besten geeigneten Finanzierungsquellen für das entsprechende Projekt der Stadt (z. B.: Risikokapital, Versicherungsfonds, grünes Beteiligungskapital usw.).

Alokanda Nath, Frankfurt School of Finance & Management. Quelle: URBACT.
Alokanda Nath, Frankfurt School of Finance & Management. Quelle: URBACT.

 

3 - Lehren aus Bukarest

 

Im Rahmen des EU City Lab wurden außerdem Projektbeispiele besichtigt, die im Bukarester Distrikt 6 finanziert wurden:

Ein neuartiges Heizsystem für die Polytechnische Universität Bukarest, das ursprünglich über das EU-Programm Horizon finanziert wurde und bei dem zwei Erdwärmepumpen (Geothermie) in Ergänzung zu einer Photovoltaikanlage zum Einsatz kommen. Das System nutzt etwa die Hälfte der Energie zur Beheizung des Gebäudes und speist den Rest in das Fernwärmesystem der Universität ein.

Ein 90-Millionen-Euro-Heizsystem, welches ein Netz geothermischer Erdwärmepumpen für Gewächshäuser im Drumul Taberei Park nutzt. Diese Initiative, die größtenteils aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung in Verbindung mit lokalen Quellen finanziert wurde, führte zu einer Senkung der Betriebskosten um 70 % (das Team plant, die restlichen 30 % der Kosten durch die Installation einer Photovoltaikanlage im neuen Jahr einzusparen).

Eine 40-Millionen-Euro-Gebäudesanierung und ein neues Heizsystem für die St. Andrews Mittelschule, finanziert aus dem ELENA-Fonds (Distrikt 6 war die erste rumänische Behörde, die diese Finanzierungsmöglichkeit nutzte). Mit diesem bedeutenden Projekt wurde ein Netto-Nullenergiegebäude geschaffen, das den Energie- und Wasserverbrauch erheblich senkt und darüber hinaus die örtliche Gemeinde an Wochenenden und Feiertagen mit Energie versorgt.

Exkursion im Rahmen des City Labs zur St. Andrews Mittelschlue
Exkursion im Rahmen des City Labs zur St. Andrews Mittelschlue, Quelle: URBACT

 

Mehr zu diesen und anderen Aspekten des Bukarester Kontextes finden Sie in diesem Artikel, der im Vorfeld des EU City Lab geschrieben wurde.

Benötigen Sie weitere Inspirationsquellen? Dann lesen Sie den Bericht „Bridging the gap: Exploring Innovative Financing Schemes in European Cities“, in welchem verschiedene europäische Städte untersucht werden und wie sie innovative Finanzierungsmechanismen entwickelt haben, die über die traditionellen Finanzierungsquellen hinausgehen und Innovationen fördern. Bleiben Sie dran, um mehr zu den detaillierten Fallstudien zu erfahren!

Exkursion im Rahmen des City Labs in Bukarest
Exkursion im Rahmen des City Labs, Quelle: URBACT

 

4 - URBACT fügt dem Mix ein neues Instrument hinzu

 

Einer der Höhepunkte in Bukarest war die Vorstellung eines neuen Energie-Finanzierungsinstruments, das von URBACT entwickelt wurde. Dieses Instrument soll Städte bei der Einreichung erfolgreicher Energie-Förderanträge auf lokaler, regionaler und EU-Ebene unterstützen. Damit wird auf eine beobachtete Lücke bei den Fördergebern reagiert, die feststellten, dass sie zwar „sehr gute“ Projektvorschläge erhalten, welche aber nicht immer den festgelegten Kriterien entsprechen. Leider werden solche Anträge dann bereits meist in der Bewertungsphase abgelehnt.  

Der Weg zum Erfolg 

Das URBACT-Tool ist eine Finanzierungsvorlage, die sich an 13 Kriterien orientiert (siehe Abbildung unten).

URBACT’s tool is a funding template

Die ersten sechs Kriterien beschreiben, was die Stadt machen möchte, für wen und bis wann. Die restlichen sieben Kriterien befassen sich mit dem benötigten Finanzierungsbedarf, den möglichen Risiken und den erzielbaren CO2-Einsparungen. 

Die 13 Fragen in der Vorlage mögen einfach erscheinen, aber das Feedback der Teilnehmenden des EU City Labs zeigte, dass die Beantwortung nicht so leicht ist. Beim Testen der Vorlage wurde der Mehrwert der Vorlage von den Teilnehmenden hervorgehoben.

Nächste Schritte 

Das Instrument wird derzeit finalisiert. Anfang 2025 wird ein Leitfaden (bestehend aus dem 13-Kriterien-Formular und zusätzlich unterstützenden Dokumenten) auf der URBACT-Website verfügbar sein. 

Dieses Instrument wird Teil der URBACT-Toolbox sein, die als zusätzliches Hilfsmittel dienen soll, um die Entwicklung einer Projektidee mit den Prioritäten der Fördergeber zu verknüpfen. Außerdem soll es andere Instrumente ergänzen. Wenn beispielsweise die ersten sechs Fragen zum Projektdesign und zur Zielsetzung der Stadt geklärt sind, kann die Stadt die über NetZeroCities und Prospect+ oben beschriebenen Ressourcen besser nutzen. In diesem Sinne möchte URBACT das Angebot an Ressourcen für Städte, die Energieprojekte finanzieren wollen, erweitern, anstatt bestehende Instrumente zu duplizieren oder zu ersetzen.

EU City Lab zur Energiewende
EU City Lab zur Energiewende. Quelle: URBACT
 
Wohin wird uns die Energiewende führen, und was können Städte tun?

 

Die Teilnehmenden verließen Bukarest mit einer Fülle von Erkenntnissen und Instrumenten, die sie in die Lage versetzen, bessere Förderanträge zu erarbeiten, die sich bei Förderstellen auf lokaler, regionaler und EU-Ebene durchsetzen. Doch das ist erst der Anfang! Sehen Sie sich die Präsentationen aus Bukarest noch einmal an. Das EU City Lab in Bukarest war das letzte EU City Lab im Jahre 2024, es wird aber auch in Zukunft EU City Labs zu verschiedenen Themenbereichen geben! 

Wie können Sie den Übergang in Ihrer Stadt vorantreiben? URBACT hat einige Informationen zusammengestellt, die Ihnen dabei helfen können:

 

Informieren Sie sich über die Förderprojekte von URBACT und der EUI zur Energiewende, einschließlich der innovativen Methoden, die von Eurocities während der Veranstaltung vorgestellt wurden, sowie über die innovativen Maßnahmen der EUI. Weitere Einblicke erhalten Sie auch auf Portico, wo Sie mehr als 140 Ressourcen zur Energiewende aus verschiedenen Städten finden.

Verschaffen Sie sich Gehör, indem Sie an der Konsultation der Prospect+ Community of Practice teilnehmen! 

Bukarest wird bald wieder die Bühne betreten... im April! Die Good Practice der Stadt wird eine von den ausgezeichneten 116 URBACT Good Practices sein, die auf dem nächsten URBACT City Festival in Wroclaw (PL) vom 8. bis 10. April 2025 vorgestellt werden. Wenn Sie nach Lösungen für die Herausforderungen Ihrer Stadt suchen, registrieren Sie sich jetzt!

 


¹ Wenn sie daran interessiert sind, Transferpartner im Rahmen eines Projektes für Innovative Maßnahmen der EUI zu werden, stellen Sie eine Anfrage auf der Urban Matchmaker Plattform.

 

Die Übersetzung basiert auf dem Artikel von Donal O'Herlihy "Funding the energy transition in your city: 4 key takeaways from the last EU City Lab

Submitted by Martina Bach on 10/01/2025
author image

Martina Bach

See all articles