Naturbasierte Stadtentwicklung auf neue Weise denken - 8 URBACT Good Practices

Edited on 25/06/2025

Veszprém , Hungary - Wildflower cities

Veszprém, Ungarn- "Wildflower cities" Initiative

In ganz Europa entdecken Städte das Potenzial der Natur wieder: Sie machen aus Grünflächen soziale Treffpunkte, verwandeln Industrieareale in Biodiversitäts-Hotspots, lassen Parks in den Vorstädten wieder verwildern – und vieles mehr. Naturbasierte Lösungen (Nature-based Solutions, NBS) verändern grundlegend, wie Städte urbane Erneuerung denken. Diese Ansätze verfolgen nicht nur ökologische Ziele, sondern versprechen auch, Städte nachhaltiger, leistbarer und lebenswerter zu machen.

URBACT unterstützt Städte in Europa seit Jahren beim Austausch und der Weitergabe guter Ansätze – zuletzt mit dem Call 2024, bei dem 116 Projekte und Initiativen als Beispiele für nachhaltige Stadtentwicklung ausgezeichnet wurden.

Entdecken Sie acht URBACT Good Practices, die naturbasierte Stadterneuerung auf neue Weise denken – manchmal mit innovativen Tools und Technologien – und zeigen, wie auch Ihre Stadt davon profitieren kann.

Urbane Biodiversität

 

Städte sind nicht nur Lebensraum für Menschen, sondern auch für eine Vielzahl von Organismen und Ökosystemen. Der Schutz der Biodiversität ist daher eng mit dem Ziel klimaneutraler und resilienter Städte verknüpft. Die folgenden Städte zeigen: Naturbasierte Lösungen können kosteneffizient, pflegeleicht und öffentlich breit akzeptiert sein.

#1 – Limerick (Irland)

In Limerick wurden wenig genutzte Grünflächen in der Peripherie zu Experimentierfeldern für gemeinschaftlich getragene Nachhaltigkeit. Im Rahmen der Initiative „Sustainable Community (Sub)urban Greenspaces“ arbeitet die Stadt gemeinsam mit der Bevölkerung zusammen, um Grünflächen in dünn besiedeltet Gebieten gemeinsam zu gestalten und zu pflegen. 

Ein Netzwerk von sogenannten "Community Environment Champions" treibt die Initiative voran: Sie identifizieren geeignete Flächen und setzen Maßnahmen wie Begrünung, Wildblumenwiesen, Baum­pflanzungen und Biodiversitätszonen.

#2 – Veszprém (Ungarn)

Die Initiative Wildflower Cities bringt heimische Wildblumen zurück in die Stadtlandschaft – als kostengünstige und pflegeleichte Alternative zum Mähen.

Anfangs stießen die „unordentlichen“ Wiesen auf Skepsis, doch durch eine kluge Informationskampagne wandelte sich die Wahrnehmung: Was zunächst wie Vernachlässigung wirkte, wurde als wertvoller Lebensraum erkannt. Ergebnis: weniger Emissionen, bis zu 20% niedrigere Erhaltungskosten, mehr Bestäuber und Umweltbewusstsein. Schulen und Bürger:innen sammeln heute aktiv Samen und gestalten Lernräume im Grünen.

 

Limerick (IE)

Limerick (IE) 

Veszprém (HU)

Veszprém (HU)

 

Was lässt sich daraus ableiten?

Beide Beispiele zeigen: Wenn die Bevölkerung bei Planung und Pflege eingebunden wird, entstehen tragfähige, übertragbare Modelle für naturbasierte Lösungen im suburbanen Raum. Wildblumenwiesen wie in Veszprém sind eine kostengünstige Maßnahme mit großer Wirkung auf Biodiversität und öffentliche Wahrnehmung.

 

Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen

 

Viele Städte verfügen über Grünflächen mit Bäumen und bewaldeten Bereichen – doch ihr Potenzial für Klima, Gesundheit und Wohlbefinden wurde lange nicht beachtet. Die folgenden Praxisbeispiele setzen auf innovative Werkzeuge und Ansätze der urbanen Forstwirtschaft und Ökosystemleistungen, um städtische Wälder zu schützen – und zeigen, welche zentrale Rolle sie für gesündere und nachhaltigere Städte spielen.

#3 – Perugia (Italien)

Mit dem Projekt Urban Forest Optimisation setzt Perugia auf digitale Karten und Plattformen, um die Leistungen urbaner Wälder zu erfassen – von CO₂-Speicherung bis Luftreinigung und Erholungswert.

Die Stadt erarbeitet forstwirtschaftliche Pläne, bindet die Bevölkerung aktiv ein und entwickelt Leitlinien für andere Kommunen. In Workshops wird vermittelt, wie Wälder zur Klimaresilienz beitragen – und wie jede:r mitgestalten kann.

#4 – Celje (SIowenien)

City Forest verwandelte einen bisher wenig genutzten Stadtwald in einen lebendigen Gemeinschaftsraum – mit Wegen, Schildern, Rastplätzen, Schulaktionen und NGO-Partnerschaften.

Das Governance-Modell ist besonders: Stadt und Zivilgesellschaft teilen sich die Verantwortung für Pflege und Programmgestaltung. Es zeigt sich, dass waldreiche Flächen in Zentrumsnähe zu zentralen Bausteinen grüner Infrastruktur-Netze werden können. 

#5 – Metropolregion Cluj (Rumänien)

Das Projekt Mainstreaming Ecosystem Services and Biodiversity stärkt die Kompetenzen lokaler und regionaler Planer:innen, Ökosystemdienstleistungen und Biodiversitätsindikatoren systematisch in die Raumplanung Raumplanung und Investitionsentscheidungen zu integrieren.

Durch Schulungen, Planspiele und Planungsleitlinien trägt die Initiative dazu bei,  ökologisches Denken in Flächenwidmung und Investitionsentscheidungen zu verankern.
Die überkommunale Dimension spielt dabei eine zentrale Rolle: Mehrere Gemeinden wirken gemeinsam an der Praxis mit und stimmen ihre Entwicklungsstrategien auf gemeinsame Umweltziele ab.

Zudem testet die Region grüne Korridore, urbane Baumpflanzkonzepte und partizipative Begrünungsmaßnahmen.

Perugia (IT)
Perugia (IT)
Celje (SI)
Celje (SI)
Cluj Metropolitan Area (RO)
Cluj Metropolitan Area (RO)

 

Was lässt sich daraus ableiten?

Städtische Wälder als soziale Räume neu zu denken, fördert eine inklusive Steuerung und stärkt die Beziehung zwischen Mensch und Natur.

Die oben genannten Beispiele zeigen: Städte, die digitale Werkzeuge, partizipative Planung und Bildungsinitiativen gezielt einsetzen, können das volle Potenzial ihres natürlichen Kapitals erschließen.

Leitlinien, wie sie in Perugia und Cluj entwickelt wurden, können anderen Städten als Wegweiser für naturbasierte Lösungen dienen.

 

Grüne Infrastrukturen

 

Wälder, Moore oder Dünen gelten als natürliche Infrastrukturen – sie regulieren Wasser, speichern CO₂ oder schützen vor Extremwetter. Die nächsten Beispiele zeigen, wie Wissen und Kapazitäten gestärkt werden können, um naturbasierte Lösungen mit lokaler Politik und Verwaltung zu verzahnen.

#6 – Budapest (Ungarn)

Im Projekt Biodiverse ComplexCity hat die Stadt ein mehrstufiges Indikatorensystem entwickelt, um das ökologische Potenzial von Stadtteilen zu bewerten.

Dieses Instrument – gemeinsam mit Wissenschaft, Stadtplanung und Zivilgesellschaft erarbeitet – unterstützt fundierte Entscheidungen zur Flächennutzung, begleitet die Stadtplanung und lenkt Investitionen in Begrünungsmaßnahmen.

Budapest verankert Biodiversität in allen Phasen der Stadtentwicklung.
Der Ansatz verbindet ökologisches Wissen mit räumlicher Planung und wirbt für eine multifunktionale grüne Infrastruktur, die sowohl den Menschen als auch der Natur dient.

#7 – Ormož (SIowenien)

Im Projekt Transforming Wastewater Basins into a Biodiversity Hotspot wurden ehemalige Klärbecken zu einem lebendigen Naturpark umgestaltet. Heute leben dort über 200 Vogelarten – ausgezeichnet als Natura-2000-Vorzeigeprojekt.

Ein Bildungszentrum, Aussichtstürme und Spazierwege machen das Areal zum Umweltbildungsort und zur Tourismusattraktion. Die lokale Bevölkerung war intensiv beteiligt – von der Planung bis zur Umsetzung – mit positiven Effekten für Beschäftigung und Gemeinsinn.

#8 – Gátova (Spanien)

Die Bergstadt Gátova setzt mit ihrem Sustainability Master Plan auf ganzheitliche, naturbasierte Ansätze – in den Bereichen Wasser, Energie, Mobilität, Landwirtschaft und Kreislaufwirtschaft.

Trotz ihrer Größe zeigt die Stadt, wie integrierte Planung und Bürger:innenbeteiligung zu konkretem Wandel führen können: von regenerativer Landwirtschaft bis zu Solarkooperativen und naturnahen Tourismusangeboten.

Budapest (HU)
Budapest (HU)
Ormož (SI)
Ormož (SI)
Gátova (ES)
Gátova (ES)

 

Was lässt sich daraus ableiten?

Post-industrielle Flächen in Biodiversitätsorte zu verwandeln bringt ökologische wie wirtschaftliche Vorteile. Auch kleine Gemeinden wie Gátova können durch integrative Nachhaltigkeitspläne große Wirkung erzielen.

Biodiversitäts-Indikatoren ermöglichen datenbasierte Begrünungsstrategien – und digitale Karten helfen, Ökosystemleistungen gezielt zu nutzen.

 

Naturbasierte Stadtentwicklung mit Zukunft

 

Diese acht URBACT Good Practices wurden ausgewählt, weil sie wirksam und übertragbar sind – von Vorstadtparks über urbane Wälder bis zu Gebirgsregionen. Sie zeigen: Wenn Städte Natur in ihre Entwicklung einbeziehen, lassen sich ökologische, politische und soziale Ziele besser verbinden. So wird natürliche Infrastruktur zum Motor für Gesundheit, Klimaanpassung, Bildung und Lebensqualität.

🟢 Lassen Sie sich inspirieren: Die komplette Datenbank der URBACT Good Practices bietet viele weitere Beispiele!

🟢 Jetzt aktiv werden: Noch bis 30. Juni 2025 läuft der Call für URBACT Transfer Networks!

🟢 Mehr erfahren: Naturbasierte Lösungen sind ein zentrales Thema des URBACT-Programms. Weitere Inhalte folgen im Laufe des Jahres 2025 im URBACT Knowledge Hub.

🟢 Weiterlesen: Diese URBACT-Studie zeigt, wie Biodiversität und NBS das Potenzial städtischer Grünräume entfalten können.

 


 

Der Übersetzung basiert auf dem URBACT-Artikel "Eight URBACT Good Practices to reconnect cities with nature"

Submitted by on 25/06/2025
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Martina Bach

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