Was ist die Neue Effizienz gemeinnützige GmbH?
Die Neue Effizienz ist eine gemeinnützige „Denkschmiede“ für das Bergische Städtedreieck Wuppertal, Remscheid und Solingen. Sie unterstützt die Städte und Unternehmen der Region bei der Transformation hin zu einer nachhaltigen Zukunft mit Themen wie Kreislaufwirtschaft, Energiewende, Mobilitätswende und Stadtentwicklung sowie Kompetenzentwicklung. Ich leite dort den Bereich Circular Economy mit dem Fokus auf Industrie und grünen Wandel.
Worum geht es im URBACT-Aktionsplanungsnetzwerk In4Green? Und welche Rolle spielt die Neue Effizienz darin?
Das URBACT-Netzwerk In4Green bringt zehn europäische Industriestädte aus neun Ländern zusammen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen: Wie können Gewerbe- und Industriestandorte grüner und nachhaltiger gestaltet werden? Unser Ziel ist es, die Städte zu befähigen, gute Rahmenbedingungen für Unternehmen zu schaffen und Hindernisse auf dem Weg zur grünen Industriestadt aus der Stadt heraus zu überwinden.
Die Stadt Solingen konnte dank der Erfahrungen aus dem Eurotowns-Netzwerk gut in das Projekt einsteigen. Über das Netzwerk wurde sie von der Leadpartnerstadt „Aviles“ angefragt Projektpartner von In4Green zu werden. Da die städtischen Kapazitäten in der Verwaltung begrenzt waren, wurde die Neue Effizienz als Partnerin ins Boot geholt. Wir arbeiten eng mit dem Stab Nachhaltigkeit und mit der Wirtschaftsförderung Solingen zusammen. So konnten wir das Projekt kooperativ und integrativ gestalten.
Wie kann der industrielle Wandel möglichst grün und nachhaltig gestaltet werden? Welche Maßnahmen haben Sie im Rahmen von In4Green entwickelt?
Ein ganzheitlicher Blick ist hier entscheidend. Ökonomische, ökologische und soziale Aspekte müssen von Anfang an zusammen gedacht werden. In unserem Aktionsplan für Solingen haben wir uns auf fünf Schwerpunkte konzentriert: Circular Economy und Capacity-Building, grüne Industrieareale schaffen, Innovation, Politik und Governance sowie Digitalisierung. Daraus ist ein ganzer Blumenstrauß an Maßnahmen entstanden – von Capacity-Building-Events über Pilotprojekte mit Unternehmen bis hin zu (digitalen) Weiterbildungsangeboten.
Die Ergebnisse sind in einem strategischen Aktionsplan gebündelt, den wir an die Stadt und die Wirtschaftsförderung übergeben. Wir hoffen, dass die Ergebnisse dann auch in die Solinger Nachhaltigkeitsstrategie einfließen können.

Was waren Ihre Top-3-Learnings aus dem Netzwerk-Prozess?
Das größte Highlight waren die internationalen Treffen in den europäischen Partnerstädten. Es war sehr bereichernd „live“ vor Ort zu sehen, wie andere Städte an ihre Herausforderungen herangehen und sich darüber mit Ihnen auf Augenhöhe auszutauschen. Auch die enge Zusammenarbeit zwischen Stadt Solingen, Wirtschaftsförderung, Unternehmen und der Neuen Effizienz war ein Gewinn für uns und die anderen Beteiligten. Nach einiger Zeit haben wir ein gutes Modell für den Dialog entwickelt.

Gruppenfoto beim Treffen des In4Green-Netzwerks in Dąbrowa Górnicza, Polen. © Sara Malicka
Rückblickend hätten wir gerne früher und intensiver die Politik mit in den Prozess einbinden sollen. So kann der Erfolg der Umsetzung langfristig besser gesichert werden. Auch die Einbindung der Unternehmen war in manchen Fällen herausfordernd. Wir hatten zwar erfolgreiche Workshopreihen zu Themen wie Klimakommunikation und Circular Economy, es brauchte aber viel Sensibilisierung, die Unternehmen dauerhaft vom Nutzen dieser Formate zu überzeugen.
Wie profitiert die Stadt Solingen von der europäischen Zusammenarbeit?
Die gemeinsame Aktionsplanaufstellung hat geholfen, die bestehenden Strategien der Stadt zu hinterfragen und ergänzen. Spannend war hier der Blick auf die Herangehensweisen der anderen. Manche Städte gehen sehr kreativ und schnell an Lösungen heran. Das motiviert, auch in Solingen Neues auszuprobieren.
URBACT bietet verschiedene Angebote zum Capacity-Building. Was war für Sie am wertvollsten?
Die URBACT-Toolboxen und Methoden für die Strategieentwicklung waren sehr hilfreich für uns und die Stadt. Für mich ganz persönlich war der URBACT-National Campus 2024 in Leipzig besonders wertvoll. Dort konnten wir uns mit anderen deutschen Städten austauschen und mehr über die deutsche Förderkulisse für die Verstetigung unserer geplanten Projekte lernen. Diesen Austausch zwischen den deutschen Städten, möchten wir auch gerne in Zukunft fortführen und vertiefen.
Was kann Deutschland von anderen europäischen Städten lernen?
In In vielen der europäischen Städte gibt es eine große Experimentierfreude. Besonders inspirierend fand ich ein Projekt in Famalicão (Portugal), welches uns bei einem Netzwerktreffen präsentiert wurde. Dort wurde der lokale Markt zu einem „Zero-Waste-Markt“ umgestaltet, bei dem kein Müll beim Verkauf entsteht. Durch kleine Maßnahme wurde dort viel bewirkt und neue Sichtbarkeit für das Thema in der Bevölkerung geschaffen.
Welche Empfehlungen geben Sie anderen Städten für eine Teilnahme an URBACT?
Es lohnt sich, frühzeitig viele Akteure in der Stadt mitzunehmen, vor allem auch die Politik. Wichtig ist, die Ergebnisse in bestehende Strukturen und Strategien einzubinden. Gleichzeitig sollte man mit den motiviertesten Partner:innen starten, um den Ball ins Rollen zu bringen und begrenzte Ressourcen nicht zu verschwenden. Der europäische Austausch im URBACT-Netzwerk ist wirklich ein riesiger Gewinn, den ich nur empfehlen kann!
Dieses Interview wurde im September 2025 von Merle Dreessen durchgeführt. Vielen Dank an Anna Mader und die Neue Effizienz GmbH für die Zusammenarbeit.